Wie ihr vielleicht gemerkt habt, kriege ich in letzter Zeit eher wenig von meiner Orga mit, was mich manchmal ziemlich ungeduldig macht. Auch jetzt habe ich noch nichts Neues mitbekommen (mein Profil ist seit 63 Tagen für die Gastfamilien zugänglich). Besonders regt mich die Geschichte mit der Schule auf, denn als ich den Slep-Test bestanden habe, den ja anscheinend eine bestimmte Schule verlangte, wurde mir gesagt, dass ich schon bald wissen würde wo diese liegt. Jetzt sind aber auch schon drei Wochen vergangen seitdem mir mitgeteilt wurde, dass die Ergebnisse des Tests an die Schule geschickt worden seien.
Wie bei vielen Austauschschülern entwickelt sich bei mir auch langsam ein komisches Gefühl, die Mischung zwischen extremem Fernweh und Ungeduld einerseits und auf der anderen Seite die wachsende Angst und die Zweifel. Vor ein paar Monaten konnte ich meinen Abflug kaum mehr erwarten und jetzt würde ich den Tag des Abschieds so gerne noch verschieben können (auch wenn ich ihn ja im Grunde genommen noch nicht kenne). Es ist echt schrecklich wie schnell die Zeit an mir vorbeizieht. Ich hatte mal kurz eine Phase in der ich mir gedacht habe, dass ich ja jetzt hier in Frankreich auf alles Scheißen könnte, was mir nicht irgendwie wichtig ist, weil ich ja eh wegfahren würde. Aber jetzt ist mir jeder einzelne Moment mit den Menschen hier so was von wichtig geworden und ich sehne mich zurück in die Zeit als ich noch dachte, dass hier würde ewig anhalten. Als ich auch mal sagte, dass ich keine Zeit hatte, weil ich wenig Bock auf eine Party hatte oder einfach nur einen ganzen Nachmittag mit Freunden scheiß gebaut habe weil ich dachte, für ernste Momente wäre auch noch Zeit. Natürlich wusste ich auch damals schon, dass das alles irgendwann ein Ende haben würde, aber jetzt habe ich dieses Ende um ein Jahr vorverlegt.
Umso schlimmer ist es da, dass ich dieses Jahr den Bac (Französisches Abitur) in Französisch und Biologie habe. Dadurch werde ich meine letzten Schultage nur noch mit lernen verbringen. Es ist also schon mal sicher, dass ich auch meinen letzten Sommer hier nicht so verbringen werde wie die letzten 16. Nie wieder werde ich die letzen Schultage schwänzen können um im Schwimmbad der Hitze zu entfliehen. Die immer ein bisschen übertriebenen Abschiede nach der letzten Stunde (wir sahen uns meistens ein paar Stunden später wieder auf irgendeiner Party) werden dieses Mal zu den schwersten meines Lebens gehören. Und für die vielen, die ich, obwohl sie nicht wirklich zu meinen Freunden gehören, in den letzten Jahren zu schätzen gelernt habe, wird es vielleicht ein endgültiger Abschied sein.
Viele Austauschschüler haben Angst vor ihrer Ankunft in Amerika. Diese Angst teile ich nicht, ich habe keine Angst dort keinen Anschluss zu finden und auch wenn andere Probleme auf mich zukommen sollten, würde ich mit ihnen auskommen können. Aber ich habe Angst vor dem Abschied, Angst davor meine Freunde und meine Familie zu vermissen und Angst davor zurückzukommen, zurück an den Ort meine Jugend, der für mich vielleicht nie mehr derselbe sein wird.